Hintergrund: Der Stand der Forschung zeigt auf, dass Kreuzbandverletzungen im alpinen Skirennsport häufig vorkommen. Der ischiocruralen Muskulatur wird eine wichtige Rolle zum Schutz des vorderen Kreuzbandes (VKB) attestiert. Dabei ist v.a. die exzentrische Muskelaktivität von grosser Bedeutung, da sie in Dauer und Intensität gegenüber der konzentrischen Muskelaktivität im alpinen Skirennsport vorherrschend ist. Ziel dieser Studie war herauszufinden, ob Elite Skirennfahrer nach einer VKB-Plastik exzentrische Kraftdefizite der ischiocruralen Muskulatur aufweisen. Methode: Es wurde eine Case-Control-Studie zwischen Skirennfahrer 49 ± 41 Monaten postoperativ nach einer VKB-Plastik und gesunden Skirennfahrer durchgeführt. Im Seitenvergleich wurde die exzentrische Gesamtkraft beider Beine der ischiocruralen Muskulatur der VKB- (n=18) mit der Kontrollgruppe (n=70), ferner die Kraft des operierten Beines einerseits mit der gesunden Seite und andererseits mit dem Mittelwert der gesunden Gruppe verglichen. Die exzentrische Kraft wurde während der Übung Nordic-Hamstrings auf dem NordBord gemessen. Gruppenvergleiche wurden mittels ANOVA mit Bonferroni Post-hoc Tests analysiert. Mittels multipler linearer Regressionsanalyse wurden zudem die relevanten unabhängigen Einflussvariablen zur Erklärung der exzentrischen Gesamtkraft und des Limb Symmetry Index ermittelt. Ergebnisse: Die relative exzentrische Gesamtkraft beider Beine der ischiocruralen Muskulatur der VKB-Gruppe war signifikant geringer als diejenige der Kontrollgruppe (p=0.031). Weiter war das operierte Bein bei der relativen exzentrischen Kraft signifikant schwächer als der Mittelwert der Kontrollgruppe (p=0.024). Auch der Limb Symmetry Index war bei den unilateral Operierten signifikant grösser (p=0.016) als bei den Gesunden und den bilateral Operierten. Die Unterschiede in der exzentrischen Gesamtkraft zwischen den Athleten liess sich zu 56% durch die drei unabhängigen Variablen Operation, Alter und Geschlecht erklären. Die Unterschiede im Limb Symmetry Index zwischen den Athleten konnte zu 18% durch die drei unabhängigen Variablen Operation, exzentrische Gesamtkraft beider Beine und Körpergrösse erklärt werden. Schlussfolgerung: Skirennfahrer haben auch mehrere Jahre nach einer VKB-Plastik persistierende Defizite in der exzentrischen Kraft der ischiocruralen Muskulatur verglichen mit gesunden Skirennfahrern. Daher sollte dem Training der exzentrischen Kraftfähigkeit der ischiocruralen Muskulatur während der Rehabilitation aus Sicht der Autoren mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die vorgestellte Messmethode ist einfach, praktikabel und kostengünstig. Um den Einfluss der Kraft der ischiocruralen Muskulatur auf Kreuzbandverletzungen besser verstehen zu können, sind weitere Studien nötig.